Armutskongress: Organisationen und Gewerkschaften stellen Aufruf zur Bundestagswahl vor
Eine gerechte Steuerpolitik, gute Arbeit statt prekäre Beschäftigung und Sozialleistungen, die zum Leben reichen – das fordern die Veranstalter des zweiten Armutskongresses in ihrem gemeinsamen Aufruf. Der Paritätische Gesamtverband, der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Nationale Armutskonferenz wollen damit anlässlich der bevorstehenden Bundestagswahl zeigen, auf welche Politik es ankommt, um Armut wirkungsvoll einzudämmen.
Unterstützt wird der Aufruf von 13 weiteren Sozial-, Wohlfahrts- und Fachverbänden sowie gewerkschaftlichen Organisationen. Armut und Armutsgefährdung seien in Deutschland längst keine Randerscheinung mehr, sondern ein massenhaftes Phänomen mitten in unserer Gesellschaft, das auf mehreren Ebenen bekämpft werden müsse.
„Um die Schere in der ungleichen Einkommens- und Vermögensverteilung zu schließen und um eine weitere Spreizung der Gesellschaft zu verhindern, muss in der Steuerpolitik konsequent umgesteuert werden“, sagt Prof. Dr. Rolf Rosenbrock, Vorsitzender des Paritätischen Gesamtverbandes.
„Die dazu aktuell in der Diskussion stehenden Vorschläge der großen Parteien sind vom Umfang und der Zielrichtung her viel zu ambitionslos. Wir brauchen eine wirklich mutig eingreifende Steuer- und Finanzpolitik, um den anstehenden gesellschaftlichen und sozialpolitischenHerausforderungen gerecht zu werden.“
Annelie Buntenbach, DGB-Vorstandsmitglied, verwies auf den Zusammenhang von Armut und prekärer Beschäftigung: „Die Politik muss endlich umsteuern und der Spaltung am Arbeitsmarkt entgegentreten. Es geht darum, den Niedriglohnbereich auszutrocknen, Minijobs in abgesicherte Beschäftigung umzuwandeln und die sachgrundlose Befristung abzuschaffen.“ Besonders junge Beschäftigte würden immer öfter nur befristet Arbeit bekommen. Auch der Missbrauch von Werkverträgen und prekärer Soloselbständigkeit müsse gestoppt werden. „Die Menschen brauchen gute und sichere Arbeit, die anständig entlohnt wird und deren Arbeitsbedingungen stimmen. Wichtig dafür ist auch eine vollwertige Berufsausbildung – jedoch bieten die Arbeitgeber zu wenige Ausbildungsplätze an. Die Politik muss endlich eine gesetzliche Ausbildungsgarantie beschließen.“
Zu den Auswirkungen von Armut auf unser demokratisches Gemeinwesen sagte Barbara Eschen, Direktorin der Diakonie Berlin-Brandenburg und Sprecherin der Nationalen Armutskonferenz: „Die Regelsätze von Hartz IV sind zu niedrig. Maßstab bei der Berechnung scheint zu sein: Es muss Mangel da sein, damit sich die Menschen nicht einrichten.“ Trotzdem blieben fast die Hälfte der Menschen über vier Jahre im Leistungsbezug und hätten trotz aller Bemühungen keine Chance.
„Prekär Beschäftigten soll anscheinend bewiesen werden: es geht noch schlechter. Das ist ein Druckmittel. Dabei geht es uns um viel mehr: Um echte Teilhabe. Arme Menschen haben Ideen, Wünsche, Vorstellungen, sie tun alles Mögliche, um ihre Situation zu verändern. Das wird nicht anerkannt. Wir als Nationale Armutskonferenz stärken die Stimme der in Armut Lebenden, damit sie sich einbringen können“.
Über den Armutskongress:
Über 500 von Armut betroffene Menschen, Experten aus Politik, Wissenschaft, Praxis und Journalismus diskutieren noch bis einschließlich morgen, 28. Juni, unter dem Motto „Umsteuern: Armut stoppen, Zukunft schaffen“. Unterstützt wird der Kongress von 18 weiteren Sozial-, Wohlfahrts- und Fachverbänden, Selbsthilfe- und Betroffeneninitiativen sowie Gewerkschaften.
Mehr unter: www.armutskongress.de