Der neue Koalitionsvertrag: Eine Einordnung aus sozialpolitischer Sicht
Nach der Bundestagswahl 2025 haben sich CDU, CSU und SPD auf eine gemeinsame Regierungsbildung verständigt. Der am 9. April vorgestellte Koalitionsvertrag trägt den Titel „Verantwortung für Deutschland“ und bildet die programmatische Grundlage der neuen Bundesregierung – mit weitreichenden Vorhaben in der Familien-, Integrations- und Demokratiepolitik.
Das Fazit des Paritätischen Gesamtverbands fällt differenziert aus. Zwar enthält der Vertrag wichtige Impulse, doch zentrale sozial- und gesellschaftspolitische Herausforderungen bleiben unbeantwortet. Besonders kritisch sieht der Verband Rückschritte in der Armuts- und Flüchtlingspolitik sowie eine weitgehende Leerstelle beim Klimaschutz.
Dr. Joachim Rock, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, ordnet den Vertrag wie folgt ein:
„Die Koalitionsvereinbarung ist eine Einigung mit Licht und Schatten. Sozialpolitische Fortschritte der vergangenen Jahre werden zurückgedreht und entwertet. Die Rückabwicklung des Bürgergeldes, die Wiedereinführung des Vermittlungsvorrangs und die Verschärfung der Sanktionen gehen zu Lasten besonders benachteiligter Menschen. Die vorläufige Sicherung des Rentenniveaus und die volle Anerkennung der Mütterrente sind wichtige, aber nicht ausreichende Maßnahmen, um den Anstieg von Altersarmut zu bremsen. Zu begrüßen ist, dass die künftige Bundesregierung die Bedeutung gemeinnütziger Wohlfahrt für den sozialen Zusammenhalt und für eine lebendige Demokratie anerkennt. Das lässt hoffen.“
Tatsächlich finden sich im Vertrag auch positive Ansätze, die aus Sicht des Paritätischen ausdrücklich zu würdigen sind. Dazu gehört insbesondere das klare Bekenntnis zur Rolle der Zivilgesellschaft: Die Fortführung des Bundesprogramms „Demokratie leben!“, die Stärkung gemeinnütziger Organisationen und die Anerkennung ihres Beitrags zur Demokratie und zum sozialen Zusammenhalt sind wichtige Signale. Ebenso erfreulich: Verbesserungen bei den Freiwilligendiensten, der Migrationsberatung und den psychosozialen Unterstützungsangeboten.
Auch im Bereich der Familienpolitik werden einige wichtige Schritte angedeutet – etwa in der Bekämpfung von Kinderarmut und bei der Förderung der Wohlfahrtsverbände. Diese Punkte waren nach dem Zwischenstand der Sondierungen keineswegs gesichert und sind dem beharrlichen Einsatz vieler zivilgesellschaftlicher Akteure zu verdanken.
Allerdings steht die Umsetzbarkeit vieler Vorhaben auf wackeligem Fundament. Die fortbestehende Schuldenbremse stellt zahlreiche Projekte unter den Vorbehalt der Finanzierbarkeit. Bereits vor der abschließenden Billigung durch die Parteigremien äußerten führende Koalitionspolitiker*innen gegensätzliche Positionen zu zentralen Vereinbarungen – insbesondere im Hinblick auf die Anhebung des Mindestlohns oder steuerliche Entlastungen.
Wie sich der Koalitionsvertrag und die künftige Politik der neuen Bundesregierung konkret auf die Menschen in Rheinland-Pfalz und im Saarland auswirken werden, bleibt abzuwarten. Wir werden die Umsetzung der angekündigten Maßnahmen mit wachsamer Aufmerksamkeit und einem klaren Blick für soziale Gerechtigkeit begleiten. Zugleich setzen wir uns auch weiterhin mit Nachdruck für eine solidarische, gerechte und offene Gesellschaft ein.
Weiterführende Downloads
Analyse des Koalitionsvertrags durch den Paritätischen Gesamtverband
Der Koalitionsvertrag